Freiheit für die Unersetzlichkeit

Mal ehrlich, was empfindest du dabei, wenn dir jemand sagt: „Sie sind nicht so wichtig, als dass Sie nicht ersetzt werden könnten“? Im ersten Moment Vermutlich Verletzung, Enttäuschung und/oder Wut. Dabei kommt es sicher darauf an, wer dir das, und in welcher Situation sagt – oder doch nicht? 

Wir alle wollen lieben und vor allem geliebt werden – doch wofür? Für unsere Leistungen, unser Engagement unsere arbeitsamen Prioritäten oder vielleicht doch lieber unser selbst Willen? Und wessen Anerkennung und Zuneigung ist uns denn wirklich wichtig? Die von Arbeitskollegen und -Kolleginnen, von Vorgesetzten, Freunden, Bekannten oder die der Familie?
Fakt ist: wir können es nicht allen recht machen. 

Ganz schön viele Fragen und ziemlich persönlich, auch emotional und ein leichter Druck ist auch dabei, denn wer will schon so arrogant wirken und aussprechen, dass man sich selbst für unersetzlich hält? Im Gegenzug mag vermutlich auch keiner von sich behaupten, dass man sich für nicht so wichtig und darum ersetzlich hält.

Ok, jetzt aber mal ganz sachlich, schlicht und bodenständig – wir wären doch alle gar nicht hier, wären Menschen unersetzlich – das wäre ja ein sehr kurzes Gastspiel geworden und ich vermute mal stark, dass die Erde die Menschheit überleben wird. Also wollen wir bei der aktuellen Klimadebatte nun die Welt, oder uns selber den Arsch retten? Hmmm, egal, ich schweife ab. Niemand behauptet, dass mit der Ersetzbarkeit gleichzeitig die Daseinsberechtigung in Frage gestellt wird.

Aber was haben wir eigentlich davon, wenn wir uns den Status „unersetzlich“ in unserem Umfeld erarbeiten? Wird unser Ego gestreichelt, weil wir uns erst dann wichtig und richtig fühlen?

Wer leidenschaftlich und ehrgeizig bei der Arbeit ist – sollte im Auge behalten: wer zum Erfolg eines Unternehmens beitragen will, sollte dafür sorgen, dass es auch läuft, wenn man kurzfristig, aus welchen Gründen auch immer, nicht präsent sein kann. Führen bedeutet teilen, vertrauen, und delegieren. Und tatsächlich verhält es sich auch nicht viel anders im privaten Leben.

Vom Beginn des Elterndaseins, bis zum Großeltern-Job tragen wir die Kraft der Liebe in unseren Herzen, auch wenn uns der Partner und die Kinder manchmal an den Rand der Verzweiflung bringen. Wir kämpfen wie Löwen und wofür? Dafür, dass die Brut stark und überlebensfähig wird, auch wenn wir irgendwann nicht mehr für sie da sein können. Und dieses Irgendwann kann genauso schnell da sein, wie wir uns ständig vornehmen, später mal die Dinge zu machen, die uns Spaß machen… Augenzwinkerndes Smiley.

Aber wünschen wir unseren Lieben nicht ein schönes und glückliches Leben, auch wenn wir nicht mehr für sie da sein können? Ich für meinen Teil hoffe, dass mein Mann nochmal eine tolle Partnerin findet, sollte mein Weg doch früher als gewünscht woanders hinführen. Darüber haben wir nicht stundenlang gesprochen, aber er weiß es. Klar, dass wir dies auch unserem Jungen angemessen zu vermitteln versuchen, denn der Mensch plant bekanntlich sein Leben und das Schicksal lacht sich schlapp… 

Das anzunehmen ist nicht leicht, doch es ist eine Chance zu erkennen, wie viel Druck wir loslassen könnten, wie erleichternd und beruhigend es sein kann zu wissen, dass wir mit unserer Anwesenheit nicht die Verantwortung für das Glück dieser Welt auf den Schultern tragen. 

Die Erkenntnis darüber, dass wir Dinge tun sollten, für die wir bestimmt sind, die uns interessieren, inspirieren und uns beschäftigen, ohne dass es sich nach „Arbeit“ anfühlt, kann ein Leben verändern und in neue Wege leiten. Schon als Kinder möchten wir ein selbstbestimmtes, freies Leben führen, Neues entdecken und so bald wie möglich auf eigenen Beinen stehen. Doch wie finden wir heraus wozu wir bestimmt sind? 

Nach dem Schulabschluss weiß das Herz oft noch nicht recht, was es will, die Eltern allerdings schon: „Kind, lerne etwas Vernünftiges“. Nach der Höheren Handelsschule (ich hatte also auf meine Eltern gehört) fand ich mit einundzwanzig Jahren die Antwort auf die Frage „warum bin ich hier?“ Denn nun war ich stark genug meiner Leidenschaft, dem Tanzen, zu folgen. Und genau auf diesem Weg zur Musicaltänzerin, erlangte ich eine weitere, neue Erkenntnis über das Leben:
In diesem, unserem Universum, auf diesem Planeten bin ich nicht mehr oder weniger wichtig als ein Sandkorn in einem unendlich großen, wunderschönen Sandstrand – ich erkannte, dass es gut ist, sich selbst und das Leben nicht immer so ernst zu nehmen. Das gab mir ein befreiendes, entspanntes und irgendwie auch beruhigendes Gefühl. 

Wir bestimmen wie viel Bedeutung wir all den Dingen in unserem Alltag zukommen lassen. Ist es wirklich so, dass nur du die eine oder andere Aufgabe machen kannst? Dreht sich die Erde nicht weiter, wenn der Staub mal eins, zwei Tage länger liegen bleibt? Was geschieht, wenn du auf dem Heimweg, mal eine Station früher aussteigst um den Rest zu Fuß zu gehen?

Probiere es doch einfach mal aus und ich freue mich, wenn du mir erzählst, was passiert ist.

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